Das Schicksal der Johanne

Schaut man sich die Vergangenheit der Schifffahrt der Nordsee-Inseln an, finden man unzählige spannende und freudige Abenteuer. Aber jede Medaille hat ja nun mal zwei Seiten. Neben den großartigen Entdeckungen, den Schiffhandel und die Fischerei als Lebensgrundlage, hat die Schifffahrt auch Leid hervorgebracht.

Gemeint ist diesmal nicht die Umweltverschmutzung oder das Leid der Unterwasserlebewesen, sondern Schiffsunglücke. Manche waren durch aus beabsichtigt, um zum Beispiel an die Ware eines Schiffes zu kommen und sich so zu bereichern, aber die meisten Schiffsunglücke sind tragische Unfälle. Ein besonders schauriges Schicksal ereignete sich vor Spiekeroog. Dieses Schiffsunglück ist gut dokumentiert und erinnerungswürdig, darum soll es heute gehen, um das Schicksal der Johanne.

Im 19. Jahrhundert kam es in Deutschland zu einer extremen Massenauswanderung. Die Gründe dafür war die stetige Verschlimmerung der Verarmung der Gesellschaft. Hunger, Existenzangst und politische oder religiöse Unterdrückung sorgten dafür, dass unfassbar viele Deutsche nach Amerika auswanderten. Die Überfahrt war ungemütlich und sehr gefährlich. Wenn alles gut lief, dauerte so eine Fahrt im Durchschnitt etwa 45 Tage.

Am 6. November 1854 war die Johanne auf ihrer Jungfernfahrt von Geestermünde nach New York. An Bord befanden sich 216 mutige Auswanderer, die ihr Schicksal zum Besseren wenden wollten. Das Schiff strandete vor Spiekeroog. Als ob dies nicht schon schlimm genug wäre, zerstörte die See alle Rettungsboote und auch von Land aus war es unmöglich den Passagieren zu Hilfe zu kommen. Da die Spiekeroog Gemeinde keine eigenen Rettungsboote besaß, war das Einzige was sie tun konnten in Verzweiflung zuzusehen. Hilflos und wartend, dass das Wasser sich zurückzog, damit sie die Chance hatten bei Niedrigwasser Menschen aus den Wellen zu retten. Es wird berichtet, dass die Johanne einige Male fürchterlich geschleudert hatte, bevor sie ihr Ende fand. Das zerstörte nicht nur das Schiff selbst, sondern auch die Körper der Menschen. Die Leichen waren aufs Schrecklichste verstümmelt, so dass nicht nur Leichen, sondern auch Körperteile an den Spiekerooger Strand gespült wurden. Es dauerte mehrere Tage, bis alle Toten geborgen werden konnten. 77 Menschen fanden den Tod. Darunter 18 Kinder, 7 Babys, 34 Frauen und 18 Männer. Für so viele Tote gab es einfach nicht genügend Platz auf dem Inselfriedhof, darum musste ein extra „Friedhof der Ertrunkenen“ eingerichtet werden. Die Einheimischen nennen die Gedenkstätte Drinkeldodenkarkhoff. Auch Jahre später wurden immer mal wieder Ertrunkene dort beigesetzt.

Ein wirklich grausiges Schicksal was diese Menschen erleiden mussten. Doch hat es dazu beigetragen, die Seenotrettung ins Leben zu rufen. Zwar geschehen auch heute noch schwere Seeunglücke, doch dank der modernen Seenotrettung haben sich die Überlebenschancen stark verbessert.

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