Die Nordsee im Krieg, vom Urlaubsidyll zur Mondlandschaft

Gerade durch unsere heutigen Medien und Zeitzeugen ist es relativ einfach Informationen vom 1. und 2. Weltkrieg in Deutschland zu finden. Aber wie sah der Krieg eigentlich auf den Nordseeinseln aus? In diesem Artikel gehen wir dieser traurigen, aber auch spannenden Frage einmal nach.

Der erste Weltkrieg war ganz der damaligen Zeit entsprechend vom Industriezeitalter geprägt. Die stählernen Kriegsschiffe wurden noch mit Dampf betrieben. Rein optisch betrachtet spielte die Kaiserliche Marine keine kriegsentscheidende Rolle, obwohl Wilhelmshafen im ersten Weltkrieg ein sehr anschaulicher Marinestützpunkt war. Aus Kriegssicht hatte der erste Weltkrieg von deutscher Seite her nicht viel zu bieten die alliierten Länder hatten sehr schnell die Nordsee mit ihren Inseln im Griff. Doch ein anderes Ereignis schrieb Weltgeschichte. Da die Matrosen über Jahre sehr schlecht behandelt wurden, platzte ihnen irgendwann der Kragen. Sie schlossen sich zusammen und begangen einen Aufstand gegen die Offiziere. In relativ kurzer Zeit breitete sich die Matrosenrevolte im ganzen Land aus, was dazu führte, dass der Kaiser und die Fürsten in Deutschland abgesetzt wurden. Da sieht man mal, dass „kleine Männer“ Großes schaffen können.

Der zweite Weltkrieg war in der Nordsee wesentlich dramatischer.

Nachdem Hitler an die Macht gekommen war veränderte sich das Leben der Inselbewohner entscheidend. Hitler hatte mit der Nordsee viele absurde Ideen, die er auch umzusetzen begann. Eine Idee Hitlers war der sogenannte Friesenwall. Der Bau begann gegen Ende des zweiten Weltkrieges, um die Inseln vor einer Nordseeinvasion zu bewahren. Der Plan war einen riesigen langen Wall mit Schutzgräben, Unterständen und verbunkerten Stellungen zu errichten. Eine uneinnehmbare Wehranlage der Nordseeküste hätte es werden sollen. Um den Friesenwall zu bauen wurden ca. 25.000 Zwangsarbeiter, Häftlinge aus den KZs und Gefangene zum Bau gezwungen, wobei Hunderte davon zu Tode kamen. Doch auch HJ Jungen, ältere Männer und Wehrmachtsangehörige bauten mit daran.

Die Organisation Todt verfrachtete ganze Schulklassen zum Bauen auf die Inseln. In Husum und Bredtstedt ist der Wall mehr oder weniger fertig geworden wohingegen Nordfriesland ein Flickwerk darstellte. Bald wurde das Projekt eingestellt, da es völlig sinnlos war. Eine andere wahnwitzige Idee war der Adolf-Hitler-Koog. In Friedrichskoog/Dithmarschen sollte ein Jahrhundert-Projekt entstehen. Neuland aus dem Meer! So begannen 1935 die Arbeiten einer riesigen Mustersiedlung, der neuen Lebensraum erschaffen sollte. Doch bereits drei Jahre nach dem Beginn wurde es auch schon wieder eingestellt. Die Gründe hierfür waren: zu teuer, zu schlecht durchdacht und schlichtweg nicht umsetzbar. Heute heißt der Ort übrigens Dieksanderkoog.

Der zweite Weltkrieg war aus mariner Sicht ein U-Boot-Krieg, wobei dieser kaum in der Nordsee, sondern im Atlantik stattfand. Die Küstenkriegsführung bestand hauptsächlich aus kleinen Fahrzeugen wie U-Boote, Minensuchboote und Schnellbooten. Die deutsche Nordsee galt als Brückenkopf zum Atlantik. Der sogenannte „Shettland Bus“ war die Operation „Weserübung“. Auf dieser Route nahmen die Deutschen Dänemark und Norwegen ein, die sie bis Kriegsende auch hielten. Trotzdem verhielt es sich wie im ersten Weltkrieg auch. Die Alliierten bekamen schnell die Kontrolle über die Nordsee was besonders an ihrer Luftüberlegenheit lag. Daraus folgte, dass Deutschland von der überseeischen Versorgung abgeschnitten wurde und ein Mangel an Ressourcen eintrat.

Besonders hart traf der zweite Weltkrieg Helgoland. Bereits im ersten Weltkrieg wurde Helgoland zu einer großen Festung und Marinebasis ausgebaut und war der Mittelpunkt der deutschen Seekriegsplanung. 1938 erdachte der wahnwitzige Hitler Helgoland zum größten Kriegshafen Europas zu machen, um von dort aus alle Weltmeere unter Kontrolle zu bringen. Die verheerenden Luftangriffe bombten Helgoland zur Mondlandschaft. Die Helgoländer konnten nur in den Felsen gehauenen Bunkern ausharren und beten, dass sie überleben würden. Nach dem zweiten Weltkrieg mussten alle Helgoländer die Insel verlassen damit England dort Bombenexperimente durchführen konnte. Als diese nach Jahren beendet waren entschlossen sie sich die Insel Helgoland zu zersprengen, weil er als feindlicher Vorposten galt. Oberflächlich entstanden erhebliche Schäden an der Insel doch erstaunlicher Weise konnte der Felsen nicht zerstört werden.

Wir können nur dankbar sein, so lange im Frieden leben zu dürfen, aber der Krieg hat nicht nur an den Menschen, sondern besonders an der Umwelt gravierende Schäden hinterlassen. Von den Schiffwracks und Ölrückständen mal ganz abgesehen liegen in der Nord- und Ostsee 1,6 Millionen Tonnen Kriegsmunition. Das muss man sich mal vorstellen. Und die einzige Option, die zurzeit möglich ist, sind Sprengungen. Wie das alles der Umwelt und vor allem auch den Meeresbewohnern schadet ist kaum vorstellbar.

Sorgen wir dafür, dass uns der Frieden erhalten bleibt und somit auch die liebenswerte Nordsee.

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